Testbild
Diamonds And Rust
Frühgeschichte der E-Medien
Manchmal hakt eine Geschichte. Fragen tauchen auf, neue Quellen sind zu befragen. Neue Funde erhöhen die Bedeutung des Themas. Historikerethos: Emotionen kontrollieren. Die Potentiale ausschöpfen. Nicht plaudern, sondern die bestmögliche Erkenntnis anbieten. Bis dahin: Sendepause. Sendepause hieß früher Testbild. Eine gute Tradition: Unterlegt war eine Tonspur. Für die Unterhaltung einstweilen. Das mach ich jetzt auch.
Mit meinem diesjährigen Sommerhit. Ein dominanter Song, der immer im Kopf war.
Es fing an mit einem Demo, das mir mein Schulfreund Robert schickte. Robert ist ein begnadeter Musiker. Er hatte kürzlich mit der von ihm inspirierten Band „Beechwood“ den Song „Diamonds and Rust“ von Joan Baez eingespielt.
Der Song kam 1975 raus. Ich habe ihn damals missachtet, kann sein weil der Hamilton-Weichzeichner-Touch des Covers mich angenervt hat oder zuviel Symphonieorchester-Pomp dabei war.
Roberts Version war aber aufregend. Dann fing meine Liebste an, die Melodie auf dem Akkordeon zu spielen. Das Moll ging mir bis auf die Knochen.
Und dann der Text. Zwei Stellen als Beispiel:
As I remember your eyes
Were bluer than robin's eggs
Joan, die braunäugige Latina und Bob, das Blauauge aus dem nordeuropäischen Einwanderer-Genpool.
In Großbritannien ist Robin = „robin redbreast“ = Rotkehlchen, in Amerika ist Robin = „american robin“ = die bei uns unbekannte Wanderdrossel, die phantastisch blaue Eier legt.
Blauäugig: Meine Mutter sagte mir in einem der seltenen Gespräche über Gefühle: „Dein Vater hatte ganz blaue Augen, die waren so treu.“ Landei, das sie war, hatte sie in diesem Fall doch vollkommen recht.
Und:
Well you burst on the scene
Already a legend
The unwashed phenomenon
The original vagabond
You strayed into my arms
The „unwashed phenomenon“: In amerikanischen Blogs wird heute noch konkretistisch gerätselt, in welchem Ausmaß und bei welcher Gelegenheit Bob gesmellt hat. Was für ein Blödsinn! Ich mache mir meine Version: Joan, höhere Tochter aus einem liberalen bürgerlichen Haus, zitiert hier eine Sprachregelung ihrer Eltern. Die den neuen Freund so benannt haben, weil sie befremdet waren, aber nicht scharf intervenieren wollten. Aber eben doch Missbilligung andeuten. Natürlich etwas verklemmt.
Und Joan kann es zitieren, weil sie ihre Eltern ehren kann und deren Sicht versteht und als authentische Beurteilung ins persönliche Archiv übernommen hat. Eine sehr schöne, sehr erwachsene Geste.
Insgesamt: ein wunderbarer Text.
Schaut dieses Video von 1975 an. Ein edles finger-picking, an den heiklen Textpassagen (besonders bei „my poetry is lousy, you said“) blitzt ein Lächeln auf, das mich gefangen nimmt. Eine klitzekleine Spur hämisch, mindestens im selben Maß mütterlich, aber vor allem ganz selbstgewiss, wie Goethes Philine im Wilhelm Meister: „Und wenn ich dich liebe, was kümmerts dich?“
Spontan wollte ich eine Übersetzung machen. Aber Quatsch, gibt’s ja längst. Hier die von maluca, die ich super finde:
Diamonds And Rust Well I'll be damned As I remember your eyes Well you burst on the scene Now I see you standing Now you're telling me |
Diamanten und Rost Verdammt soll ich sein, Ich erinnere mich, daß Deine Augen Als Du auf die Bühne stürmtest Ich sehe Dich noch dort stehen Und jetzt erzählst Du mir, |
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